
Wann ist eine Eizellspende sinnvoll?
Es gibt Momente im Leben, in denen die Sehnsucht nach einem Kind so groß ist, dass jeder Versuch, jeder negative Test, jede Arztpraxis ein kleiner Stich ins Herz ist. Wenn du das kennst – das Hoffen, das Warten, das Verzweifeln – dann weißt du, wie schmerzhaft der unerfüllte Kinderwunsch sein kann.
Die Eizellspende kann in dieser Situation eine neue Tür öffnen. Die Entscheidung dafür oder dagegen ist keine einfache, aber eine ehrliche: eine, die dich mit all deinen Gefühlen, Hoffnungen und Fragen mitnimmt.
In diesem Artikel erkläre ich dir, wann eine Eizellspende medizinisch sinnvoll ist, welche Chancen sie bietet – und wie du herausfinden kannst, ob dieser Weg zu dir passt.
Was ist eine Eizellspende?
Bei einer Eizellspende stellt eine andere Frau ihre Eizellen zur Verfügung. Diese Eizellen werden im Labor mit den Spermien deines Partners oder eines Spenders befruchtet. Anschließend wird der Embryo in deine Gebärmutter eingesetzt. Du trägst das Kind aus, gebärst es – und bist rechtlich wie auch biologisch (epigenetisch) die Mutter.
In Ländern wie Spanien, Tschechien oder Portugal ist die Eizellspende legal und fester Bestandteil der modernen Reproduktionsmedizin. In Deutschland hingegen ist sie nach dem Embryonenschutzgesetz (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ESchG) bislang verboten – weshalb viele Wunscheltern für eine Behandlung ins Ausland reisen.
Wann ist eine Eizellspende medizinisch sinnvoll?
Eine Eizellspende kann dann sinnvoll sein, wenn eine Schwangerschaft mit eigenen Eizellen nicht mehr möglich oder nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit erfolgreich ist. Das kann verschiedene Ursachen haben:
1. Vorzeitige Wechseljahre (Prämature Ovarialinsuffizienz)
Wenn die Eierstöcke ihre Funktion bereits vor dem 40. Lebensjahr einstellen, spricht man von einer prämaturen Ovarialinsuffizienz. Das kann auch schon vor dem 30. Lebensjahr passieren. In solchen Fällen können keine eigenen Eizellen mehr heranreifen. Eine Eizellspende bietet hier oft die einzige Chance auf eine Schwangerschaft.
2. Genetische oder angeborene Ursachen
Frauen mit genetischen Syndromen wie dem Turner-Syndrom oder mit sehr niedriger Eizellreserve (AMH-Wert < 0,5 ng/ml) haben oft keine oder nur wenige eigene Eizellen. Auch hier kann eine Eizellspende eine Option sein.
3. Wiederholte Fehlversuche bei IVF oder ICSI
Wenn mehrere IVF-Behandlungen ohne Schwangerschaft geblieben sind oder es wiederholt zu Fehlgeburten aufgrund schlechter Eizellqualität kam, kann eine IVF mit Eizellspende die Chancen deutlich erhöhen. Die Erfolgsraten liegen hier oft bei 60–70 % pro Transfer, unabhängig vom Alter der Empfängerin.
4. Höheres Alter der Frau
Ab etwa 43 Jahren sinkt die Qualität der eigenen Eizellen stark – genetische Auffälligkeiten nehmen zu, und die Erfolgsraten mit eigenen Eizellen liegen meist unter 10 %. Da die Gebärmutter jedoch weiterhin empfänglich bleibt, ermöglicht eine Kinderwunschbehandlung mit Eizellspende Frauen auch über 45 Jahren noch eine Schwangerschaft, sofern die gesundheitlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
5. Nach Krebstherapie oder medizinischen Eingriffen
Nach Chemotherapie oder Bestrahlung kann die Eizellreserve dauerhaft geschädigt sein. Wenn mithilfe von Social Freezing keine eigenen Eizellen mehr eingefroren wurden, ist die Eizellspende oft die einzige Möglichkeit, ein genetisch nicht verwandtes, aber biologisch und rechtlich eigenes Kind zu bekommen.
Wann ist eine Eizellspende nicht sinnvoll?
Es gibt auch Fälle, in denen eine Eizellspende medizinisch oder psychologisch nicht zu empfehlen ist:
- Wenn eine schwere Grunderkrankung besteht, die eine Schwangerschaft riskant macht
- Wenn die Gebärmutter nicht mehr in der Lage ist, ein Kind auszutragen
Auch emotional sollte der Schritt gut überlegt sein: Es braucht Akzeptanz dafür, dass das Kind genetisch nicht von dir stammt – aber durch dich geboren und geprägt wird. Wenn die Entscheidung aus äußerem Druck getroffen wird, ist eine Eizellspende nicht zu empfehlen.
Wenn du Zweifel hast, kann eine psychosoziale Beratung helfen. Hier geht es nicht nur um medizinische Fakten, sondern auch um Fragen wie:
„Wie wird es sich anfühlen, wenn das Kind nicht genetisch von mir stammt?“
“Was wenn ich das Kind nicht lieben kann?”
„Wann und wie spreche ich später mit meinem Kind darüber?”
Solche Gespräche können bereichernd und klarheitsschaffend sein und dir helfen, die Entscheidung mit einem guten Gefühl, achtsam und individuell zu treffen.
Medizinische und emotionale Aspekte im Gleichgewicht
Eine Eizellspende ist mehr als ein medizinischer Vorgang – sie ist eine zutiefst persönliche Entscheidung. Viele Frauen berichten, dass sie vor der Behandlung mit ambivalenten Gefühlen kämpfen: Hoffnung, Schuld, Angst und Dankbarkeit liegen oft nah beieinander. Das ist ganz normal.
Viele der Frauen, die ich über die Jahre begleitet habe, berichten, dass sich der Weg zur Eizellspende zunächst wie ein Abschied anfühlte – aber später wie ein Neubeginn. Denn mit der Spende endet oft nicht der Traum, sondern nur der Weg, auf dem er wahr wird.
Es ist völlig in Ordnung, Zeit zu brauchen, um sich mit diesem Weg anzufreunden. Es ist ein großer Schritt – und auch einer, der dir eine echte Chance geben kann, Mutter zu werden.
Wichtig ist: Auch wenn das Kind genetisch nicht von dir stammt, besteht eine echte biologische Verbindung. Während der Schwangerschaft finden sogenannte epigenetische Prozesse statt: Deine Hormone, deine Ernährung, dein Stresslevel und sogar deine Gefühle wirken auf die Entwicklung des Kindes ein. Du beeinflusst, welche Gene aktiv sind und wie sich dein Kind entwickelt. So entsteht eine tiefe, körperliche und seelische Verbindung, die weit über die Genetik hinausgeht.
Rechtliche und ethische Aspekte
Da die Eizellspende in Deutschland verboten ist, erfolgt sie meist im Ausland – rechtlich völlig unproblematisch, solange sie dort nach den geltenden Gesetzen durchgeführt wird.
Wichtig ist, sich im Vorfeld mit Fragen wie „offene oder anonyme Spende?“ auseinanderzusetzen. In Spanien etwa bleibt die Spende anonym, in Ländern wie Portugal oder Dänemark ist auch eine offene Spende möglich, bei der das Kind später seine genetische Herkunft erfahren darf.
Fazit: Wann ist die Eizellspende sinnvoll?
Eine Eizellspende ist dann sinnvoll, wenn medizinische Grenzen erreicht sind – aber der Kinderwunsch bleibt. Sie eröffnet Frauen eine reale Chance auf eine Schwangerschaft, auch nach jahrelangen Fehlversuchen.
Wichtig ist, dass du dich gut informiert fühlst, eine Klinik wählst, der du vertraust, und Menschen an deiner Seite hast, die dich verstehen und begleiten.
Wenn du das Gefühl hast, dass die Eizellspende für dich ein möglicher Weg sein könnte, ist das kein Zeichen des Aufgebens – sondern eines von Hoffnung, von Mut und von Selbstbestimmung.
Häufige Fragen zum Thema, wann eine Eizellspende sinnvoll ist
In den meisten Ländern liegt die Altersgrenze für Empfängerinnen bei etwa 50 Jahren, in einzelnen Kliniken in Spanien bis 52, und in Griechenland auch bis 54 Jahre.
Das Kind trägt die Gene der Spenderin, aber durch epigenetische Prozesse besteht eine biologische Verbindung zu dir. Du bist die rechtliche, emotionale und biologische Mutter.
Für Empfängerinnen ist eine Eizellspende risikoarm. Die Spenderinnen werden streng medizinisch und psychologisch überprüft, um ihre Sicherheit zu gewährleisten.
Die Eizellspende ist unter anderem in Spanien, Tschechien, Portugal, Griechenland, Dänemark und England erlaubt und reguliert. In Deutschland ist sie weiterhin verboten.
Je nach Klinik liegt die Schwangerschaftsrate pro Embryotransfer im Durchschnitt bei 60–70 %, die Lebendgeburtenrate bei etwa 40–50 %. Dabei hängen die Erfolgsraten auch stark vom eigenen Profil ab: Alter, Diagnose, Vorgeschichte. Statistiken können Orientierung geben, aber sie sagen nichts darüber aus, wie dein Weg verlaufen wird.

Autorin: Dr. Yvonne Frankfurth
Egg & Nest ist mein Herzensprojekt.
Es vereint meine Forschung aus Cambridge mit Erfahrungen aus der Kinderwunschberatung.
Warum? Weil gute Entscheidungen Fakten brauchen – und ein Bauchgefühl, dem man trauen kann.




