
Wer ist die biologische Mutter bei einer Eizellspende?
Viele Frauen, die über eine Eizellspende nachdenken, tragen eine stille – oder manchmal sehr laute – Frage in sich: „Bin ich dann überhaupt die richtige Mutter?“
Wenn dich dieser Gedanke bewegt, bist du nicht allein. Eine Eizellspende ist keine schnelle oder leichte Entscheidung. Sie wirbelt oft erst einmal alles durcheinander – besonders die eigenen Vorstellungen davon, wie man Mutter wird und Familie gründet.
Und doch öffnet sie auch neue Türen: den Weg zu deinem Wunschkind. Ein Kind, das du trägst, zur Welt bringst und liebst.
In diesem Artikel möchte ich dir zeigen: Muttersein hat viele Dimensionen – rechtlich, biologisch, emotional – und all diese Dimensionen gehören zu dir.
Rechtlich klar: Du bist die Mutter
Die gute Nachricht zuerst: In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist die Rechtslage eindeutig – und sie stärkt dich als Mutter.
- Deutschland: Nach § 1591 BGB gilt klar und unmissverständlich: „Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.“
- Österreich: Auch hier bist du rechtlich die Mutter, wenn du das Kind austrägst und gebärst – unabhängig von der Eizelle. (§ 137b ABGB)
- Schweiz: Nach Art. 252 Abs. 1 ZGB ist Mutter eines Kindes die Frau, die es zur Welt bringt.
Das bedeutet: Die Eizellspenderin hat weder Rechte noch Pflichten. Sie ist juristisch nicht mit deinem Kind verbunden. Du bist diejenige, die in der Geburtsurkunde steht – und das von Anfang an.
Also egal ob eigene Eizellen, Eizellspende oder Embryonenspende – in den Augen des Gesetzes bist du die Mutter, wenn du mit dem Kind schwanger warst und es zur Welt gebracht hast.
Die genetische Mutter: Die Spenderin
Bei einer Eizellspende stammt das Erbgut von der Spenderin. Sie gibt ihre DNA weiter – so wie bei einer Samenspende der genetische Anteil vom Spender kommt.
Für viele Wunscheltern ist dieser Gedanke am Anfang nicht leicht. Fragen tauchen auf: „Wird mein Kind mir ähnlich sehen?“ oder „Bin ich weniger Mutter, wenn es nicht meine Gene sind?“
Diese Sorgen sind völlig normal. Doch die Forschung zeigt: Kinder sind viel mehr als ihre Gene. Bindung entsteht durch Nähe, gemeinsame Erlebnisse, Gesten, Sprache, Mimik. All das entwickelt sich zwischen dir und deinem Kind – nicht zwischen deinem Kind und der Spenderin.
Viele Frauen berichten: Während der Schwangerschaft sind die Zweifel oft noch verstärkt da. Aber in dem Moment, in dem sie ihr Kind in den Armen halten, verfliegt die Sorge, nicht „wirklich“ verbunden zu sein. Da ist dann nur Liebe.
Biologische Mutter: Du prägst dein Kind von Anfang an
Viele Frauen fragen mich in Beratungsgesprächen: „Aber wenn die Gene nicht von mir sind – bin ich dann überhaupt biologisch die Mutter?“ Und die Antwort ist: Ja, ganz sicher.
Denn Biologie ist mehr als DNA. Die Wissenschaft spricht hier von Epigenetik: Deine Ernährung, deine Gefühle, dein Alltag beeinflussen mit, welche Gene bei deinem Kind am Ende aktiv werden. Gene sind der Bauplan – aber du bist diejenige, die entscheidend mitprägt, wie sich dieser Bauplan entfaltet.
Und es gibt noch etwas Wunderschönes: den Mikrochimärismus. So nennt man es, wenn Zellen deines Kindes während der Schwangerschaft in deinen Körper wandern – und dort bleiben. Noch Jahrzehnte später lassen sich diese fetalen Zellen nachweisen.
Das bedeutet: Sobald du schwanger warst, egal ob mit eigenen Eizellen oder durch eine Eizellspende, trägt dein Körper für immer Zellen deines Kindes in sich: Eine lebenslange und tiefgreifend biologische Verbindung.
Soziale Mutter: Muttersein heißt lieben
Und dann gibt es noch eine Dimension, die keine Gesetze und keine Gene erfassen können: die soziale Mutterschaft.
Muttersein bedeutet, ein Kind zu lieben, es zu trösten, seine Hand zu halten, wenn es Angst hat, und es loszulassen, wenn es wachsen will. Es bedeutet schlaflose Nächte, Umarmungen, Kinderlachen – und manchmal auch Tränen.
Erwachsene, die durch eine Eizellspende geboren wurden und von klein auf aufgeklärt waren, beschreiben es ganz klar: „Meine Mutter ist die Frau, die mich großgezogen hat.“
Genau das wirst du für dein Kind sein – seine Mutter im Alltag, im Herzen, fürs Leben. Ein Punkt ist besonder wichtig: Indem du dein Kind früh und ehrlich in seine Geschichte einbeziehst, stärkst du nicht nur sein Vertrauen, sondern auch eure gemeinsame Bindung. Während Geheimhaltung deinem Kind schaden kann, schenkt Offenheit Sicherheit – und macht eure Liebe noch tiefer.
Warum diese Frage so oft gestellt wird
Die Unsicherheit kommt nicht von ungefähr. Als in den 1980er Jahren in Deutschland das Embryonenschutzgesetz entstand, hatte man Angst vor einer „gespaltenen Mutterschaft“. Man befürchtete negative Konsequenzen, wenn genetische und austragende Mutter nicht identisch sind.
Heute wissen wir mehr. Die britische Forscherin Susan Golombok und viele internationale Studien zur Eizell- und Embryonenspende zeigen: Entscheidend ist nicht, wer die biologische Mutter im genetischen Sinn ist, sondern eine ehrliche und liebevolle Eltern-Kind-Beziehung. Die „richtige Mutter“ ist die Frau, die trägt, liebt und erzieht.
Und der Vater?
Auch beim Vater gilt: Es zählt vor allem die gelebte Beziehung.
Überraschenderweise tun sich viele Männer auch bei einer Eizellspende anfangs schwer – selbst wenn ihre eigenen Gene weitergegeben werden. Sie erleben die Schwangerschaft nur von außen und fühlen manchmal die Last, dass die biologische Verbindung allein bei ihnen liegt. Diese Unsicherheit ist normal.
Doch die Erfahrung zeigt: Spätestens wenn sie ihr Kind zum ersten Mal im Arm halten, tritt die Freude in den Vordergrund. Aus Unsicherheit wird Stolz, aus Distanz Nähe. Die Bindung wächst von Tag zu Tag. Studien (u. a. von Susan Golombok) bestätigen: Väter von Spenderkindern entwickeln genauso enge, stabile Beziehungen wie andere Väter auch.
Und wie bei der Mutter gilt: Ein offener Umgang mit der Entstehungsgeschichte schenkt Vertrauen und vertieft die Vater-Kind-Bindung – biologisch, emotional, menschlich.
Fazit: Muttersein hat viele Gesichter
Wenn du dich für eine Eizellspende oder Embryonenspende entscheidest, bist du:
- rechtlich die Mutter: Du wirst rechtlich als Mutter anerkannt.
- biologisch die Mutter: Dein Körper prägt dein Kind in der Schwangerschaft.
- sozial die Mutter: Du bist diejenige, die es liebt, erzieht und begleitet.
Die Spenderin gibt den genetischen Bauplan – aber Muttersein ist so viel mehr als das. Es ist tägliche Bindung, Nähe, Hingabe. Es ist dein Herz, das jeden Tag sagt: „Du bist mein Kind.“
Häufig gestellte Fragen zum Thema „Wer ist die Mutter?“
Genetisch nein – aber biologisch sehr wohl. Deine Schwangerschaft beeinflusst die Entwicklung des Kindes maßgeblich.
Immer die Frau, die das Kind zur Welt bringt (§ 1591 BGB). Die Spenderin hat keine Rechte oder Pflichten.
Das hängt vom Land ab: In Spanien und Tschechien bleibt die Spende anonym, in Dänemark oder Portugal wird die Identität der Spenderin offengelegt.
Diese Sorge haben viele Frauen. Muttergefühle entstehen nicht immer sofort – und das ist völlig normal. Das gilt nicht nur bei einer Eizellspende, sondern auch bei Schwangerschaften mit eigenen Eizellen.
Die Erfahrung zeigt aber: Wenn du das kleine Herzchen schlagen hörst oder dein Baby in den Armen hältst, spüren die meisten ganz deutlich – dieses Kind gehört zu mir.
Gene sind der Bauplan – aber du bist diejenige, die das „Haus“ baut. Dein Körper, deine Fürsorge und deine Liebe prägen dein Kind fürs Leben.

Autorin: Dr. Yvonne Frankfurth
Egg & Nest ist mein Herzensprojekt.
Es vereint meine Forschung aus Cambridge mit Erfahrungen aus der Kinderwunschberatung.
Warum? Weil gute Entscheidungen Fakten brauchen – und ein Bauchgefühl, dem man trauen kann.




